Was bedeutet Waldnaturschutz?
In Deutschland kommen auf ganzer Fläche ca. 42.000 landbewohnende Tierarten vor. An Land sind vor allem Wälder, mit einem Drittel der Landesfläche, die mit Abstand bedeutendste Vegetationsform.
Auch Bayern ist zu einem Drittel bewaldet, was uns zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Ökosystem Wald verpflichtet. Beim Waldnaturschutz geht es vor allem um den Schutz des Ökosystems Wald vor schädlichen Einwirkungen und um den Erhalt und die Förderung der Biodiversität.
Waldnaturschutz ist zudem ein zentrales Element einer multifunktionalen, nachhaltigen Waldbewirtschaftung und erzeugt dabei den höchsten Gesamtnutzen. (Forstwirtschaft in Deutschland, 2017)
Unser Wald ist ein Multitalent und verdient eine besondere Aufmerksamkeit. Was allein unser Staatswald im bayernweiten Durchschnitt auf der Größe eines Fußballfeldes (ein Hektar) leistet ist erstaunlich: (BaySF, 2016)
- Er filtert pro Jahr bis zu 50 Tonnen Ruß und Staub aus der Atmosphäre
- Laubwald setzt im Jahr 15 Tonnen, Nadelwald sogar 30 Tonnen Sauerstoff frei – Wald bindet 10,6 Tonnen CO2/Jahr
- 0,1 Stück Wild/Jahr wird erlegt
- 100.000 Kubikmeter (Trink)Wasser (Baumartenabhängig!)
- Er produziert 8,5 Festmeter Holz pro Jahr wovon aber nur 7,5 genutzt werden
- 0,1 Arbeitsplätze (190.000 Menschen leben in Bayern direkt oder indirekt vom Wald Waldarbeiter, Förster, Schreiner, Holzhändler etc.)
- 7,4 Kubikmeter starkes Totholz
- 10 Biotopbäume
- 0,4 Starke Laubbäume
- 15 Meter Erholungswege
Totes Holz in unseren Wäldern ist keine Selbstverständlichkeit. In den letzten Jahrhunderten oder sogar Jahrtausenden wurde totes Holz aus den Wäldern entfernt. Es wurde als Brennholz, Baumaterial oder aus reinem Ordnungssinn entnommen. Ein korrekt bewirtschafteter Wald muss auch sauber und ordentlich aussehen! So die damalige Einstellung der Bevölkerung.
Totholz gilt als Indikator für einen naturnahen Wald und fördert die Artenvielfalt. Pilze, Insekten und viele andere Lebewesen sind davon abhängig. Zudem bleiben mit dem Belassen von Totholz die Nährstoffe im Bestand. Ein intakter Nährstoffkreislauf ist wichtig für die Waldernährung und sichert auch den folgenden Baumgenerationen ein ausreichendes Angebot an Nährstoffen.
Totholz lebt!
Viele Tierarten, die im Wald vorkommen werden von uns zunächst nicht sofort entdeckt, denn bei den meisten Tierarten handelt es sich um Insekten. Wirbeltiere machen lediglich 2% der Waldtiere aus. Die Lebensräume in unserem Wald sind sehr vielseitig, man findet sie an lebenden und toten Bäumen, in der Krone, unter der Rinde oder in der Laub- und Humusschicht. Insgesamt 4500 Arten sind an Totholz gebunden, davon 3000 Insektenarten und 1500 Pilzarten. (BaySF, 2016)
Die Funktionen des Totholzes:
- Fördert die Artenvielfalt
- Zahlreiche Tiere (Insekten, Vögel, Säugetiere etc.) finden im Totholz Zuflucht oder ernähren sich davon
- Auch Flechten und Pilze besiedeln Totholz
- Je dicker das Totholz, desto mehr Arten dient es als Lebensraum
- Begünstigt die Waldverjüngung
- Dort wo ein Baum abstirbt schafft er Platz für neues Leben
- Liegendes Totholz schützt vor Naturgefahren (v.a. an Hängen)
- Liegendes Totholz kann durch seine Struktur steile Hänge stabilisieren
- Ist ein guter Wasserspeicher
- Totholz wirkt wie ein großer Schwamm und bietet dadurch für Moose und Flechten eine ideale Grundlage
- Spielt eine wichtige Rolle im Nährstoffkreislauf
- Durch die Zersetzung des Holzes können die Nährstoffe wieder in den Boden gelangen und dienen dadurch den nächsten Baumgenerationen
Den Wald kann man in mehrere Ebenen einteilen. Die oberste Ebene entspricht dem Lebensraum der baumbewohnenden Tierarten. Die mittlere Ebene stellt den Lebensraum der Tierarten die auf dem Boden leben dar. Die unterste Ebene ist der Lebensraum der Tierarten die im Boden leben.
Beispiele für Arten die in Baumkronen leben:
- Schwarzstorch, Eichhörnchen, Kernbeisser
Beispiele für Arten die an Baumstämmen oder in Baumhöhlen leben:
- Schwarzspecht, Hohltaube, Waldkauz
Beispiele für Arten die im (Tot-)Holz leben:
- Borkenkäfer, Balkenschröter, Hirschkäfer, holzzersetzende Pilze
Beispiele für Arten die am oder im Boden oder der Laub-/Humusschicht leben
- Mäuse, Wildtiere (wie z.B. Wildkatze etc.), Waldhummel
Schützen und Nutzen auf ganzer Fläche!
Um die vielfältigen Funktionen die der Wald in unserer Gesellschaft heute erfüllt weiterhin zu gewährleisten, wählte man in Bayern einen integrativen Ansatz im Rahmen einer multifunktionalen Forstwirtschaft. (STMELF, 2018)
Der integrative Ansatz Bayerns beinhaltet vor allem folgende Punkte:
- Begründung und Pflege naturnaher Mischwälder und Waldränder
- Umfangreiche Einbringung standortheimischer Baumarten
- Rücksichtnahme auf Tierarten während Brut- und Aufzuchtzeiten
- Schutz und Pflege von wertvollen Waldbiotopen
- Umsetzung und Integration von NATURA2000 Maßnahmen
- Einbringung und Förderung seltener Baumarten
- Kleinflächige Verjüngung und zugleich Vermeidung von Kahlschlägen
- Gezielte Anreicherung mit Totholz und Biotopbäumen
- Integrativer Pflanzenschutz
- Nährstoffnachhaltigkeit bei der Energieholzbereitstellung
- Pflegliche Behandlung der Waldböden (z.B. durch Vermeidung flächiger Befahrung)
Erklärung NATURA2000:
Unter Natura2000 versteht man ein europaweites Netz aus Schutzgebieten. Es sollen länderübergreifend wildlebende heimische Pflanzen und Tierarten und deren natürliche Lebensräume geschützt werden. Insgesamt gibt es bereits über 25.000 dieser Schutzgebiete in Europa. In den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön Grabfeld sind es 34.
- Die Totholzmenge in Bayerns Wäldern beträgt im Schnitt 22 m3/ha (BWI3, 2012)
- 1 qm Waldboden kann bis zu 200 Liter Wasser speichern (STMELF, 2018)
- In alten Eichenkronen existieren bis zu 100 Nester verschiedener Ameisenarten (STMELF, 2018)
- Ein Dreizehenspecht frisst bis zu 2500 Borkenkäfer am Tag (STMELF, 2018)
- In einem Hektar Buchenwald verdunsten bis zu 50.000 Liter Wasser – das schafft ein angenehmes Kleinklima (STMELF, 2018)
- Ein Löffel voll Waldboden beherbergt mehr Organismen als Menschen auf der Erde leben (STMELF, 2018)
Naturnahe Wälder sind, im Vergleich zu Fichten Monokulturen, struktur- und artenreiche Mischwälder die vorwiegend aus heimischen klima- und standortangepassten Baumarten bestehen. Naturnahe Wälder zeichnet vor allem eine hohe Stabilität gegenüber Naturgefahren aus.